Sehen - Hören - Erleben
1. Die Lebensräume und Naturschutzmaßnahmen im Raum Kakenstorf
Bei kühler Witterung traf sich am 24. Mai 1998 eine kleine Gruppe Naturfreunde am Gasthaus "Zum Estetal", um von dort in Richtung Bötersheimer Holz aufzubrechen. Unweit der B 75 liegt am "Dössel" eine Reihe von Feuchtwiesen. Neben extensiv genutzten Wiesen, auf denen u. a. das Wiesenschaumkraut, die Kuckuckslichtnelke sowie eine Anzahl von Schrecken und Schmetterlingen zu sehen waren, herrschen hier Brachen vor. Eine breite Diskussion führten wir über die Herkulesstaude oder Riesen-Bärenklau, die zunehmend zu einer Problempflanze wird. Dieses nichtheimische Doldengewächs hat jemand hierher gebracht, wo diese Pflanze auf feuchten und nährstoffreichen Böden sich ausbreitet (Näheres siehe oben). Negativ registrierte die Gruppe, daß auf einer von Schafen (Heidschnucken) kurz gefressenen Wiese Gräben gezogen und allerlei Gerät und Kunststoffmaterial (Plastikfolie) abgelagert wurden. Am Grabenrand standen - leider nur noch Reste - vom Gagelstrauch. Während der weiteren Wanderung wurde die Aufmerksamkeit auf eine Birke am Wegesrand gelenkt, wo ein Buntspecht ca. zwei Meter über dem Erdboden eine Höhle gezimmert hatte, aus der hungrige Jungvögel nach Futter riefen. Andere Vogelarten, die wir auf dieser Exkursion hörten bzw. sahen, waren: Gartengrasmücke, Mönchsgrasmücke, Zaunkönig, Schwarzspecht, Goldammer, Buchfink, Fitis, Zilpzalp, Kohlmeise, Blaumeise, Rabenkrähe, Mäusebussard , Roter Milan und Höckerschwan.
Der weitere Weg führte uns durch Waldbestände (u.a. Douglasie, Stieleiche, Birken, Fichten, Faulbaum) an das Ufer der Este. Von dem am Fluß parallel verlaufenden Weg konnten wir neben einem staunassen Erlenbruchwald eine stattliche Anzahl des Schlangen- oder Wiesenknöterich (Polygonum bistorta) und benachbart das blühende breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) entdecken, dazu gut sichtbare Moospolster, die auf einen hohen Nässegrad hinweisen. Ein unmitelbar an der Este stehender Fichtenforst ist nicht standortgerecht und sollte beseitigt werden. Positiv wurde festgestellt, daß der Heidebach an dieser Stelle mäandrieren kann und an seinem Uferbereich natürliche und naturnahe Landschaftselemente wie z. B. zeitweise überschwemmter Erlenbruchwald, Seggenrieder und Hochstaudenfluren sowie Naßwiesen anzutreffen sind.
Über den malerischen Ort Bötersheim folgten wir der Straße in östlicher Richtung, die zum alten Teil des Dorfes Drestedt führt. Ein Teilstück dieser Wegstrecke hat musealen Wert: Kopfsteinpflastererung mit gut entwickeltem Wegbegleitgrün (Eichen und einheimische Sträucher). Von hier bogen wir in die Feldmark ab, wo in der Nähe der ehemaligen Eisenbahnstrecke Buchholz - Hollenstedt ein vom NABU (Ortsgruppe Buchholz) erworbenes Ackerstück liegt. Auf dieser Fläche wurde in Zusammenarbeit mit dem AKN ein Benjesheckensystem angelegt, das sich dank der Herbstpflanzung einheimischer Sträucher und geschützt durch Strauchwerk, gut entwickelt hat und als Lebensraum gleich angenommen wurde. Auf der Vorexkursion konnten hier u. a. zwei Paare des Rotrückenwürgers oder Neuntöters (Lanius collurio) sowie ein Rebhuhnpaar beobachtet werden. Mehrere Paare Feldlerchen haben hier bereits im ersten Jahr ein Revier besetzt. Im Jahre 1997 konnte Herr Kempe 66 verschiedene Pflanzenarten feststellen, von denen folgende auf der Roten Liste stehen: das Acker-Fadenkraut (Filago arvensis) RLN 2, das Zwerg-Fadenkraut (Filago minima) RLN 3, der Acker-Hohlzahn (Galeopsis segetum) RLN 2. Zum gleichen Zeitpunkt wurden hier folgende Heuschreckenarten angetroffen: Brauner Grashüpfer, weißrandiger Grashüpfer, gemeiner Grashüpfer, Nachtigall-Grashüpfer, Roesels Beißschrecke und das Grüne Heupferd. Etwas müde aber zufrieden über das Gesehene und Gehörte endete die Exkursion in den Mittagsstunden.
2. Die Lebensräume und Naturschutzmaßnahmen im Raum Handeloh
Am 20. September 1998 versammelten sich 18 Personen am Friedhof Handeloh, um unter der oben genannten Zielsetzung diesen Raum zu erkunden. In unmittelbarer Nachbarschaft des Friedhofes hat die AKN- Gruppe Handeloh-Welle aus einer ehemaligen Sandentnahmestelle ein wertvolles Biotop geschaffen. So wurde u. a. eine nach Süden ausgerichtete Sandsteilwand angelegt, die seit Jahren von den Uferschwalben angenommen wurde.
Über die Straße hinweg gelangten wir zu einer Grabenanlage, die ganzjährig Wasser führt und somit wertvoll als Laichplatz für Amphibien und Lebensraum für Wasserkäfer, Libellenlarven und Köcherfliegenlarven ist. Negativ ist die Tatsache zu werten, daß Niederschläge aus den höhergelegenen Feldern Nährstoffe auswaschen und in dieses Stillgewässer einbringen und damit eutrophieren, wie es am üppigen Wachstum der Wasserpflanzen zu sehen war.
Eine kleine Sensation auf dieser naturkundlichen Wanderung war die Entdeckung der Wespenspinne (Argiope bruennichi), deren Männchen eine Körperlänge bis 4 mm und die Weibchen bis 15 mm haben. Diese Radnetzspinne baut ihr Netz ca. 20 - 30 cm über dem Erdboden, wo es von Gräsern gehalten wird. Die Nabe wird dicht mit weißer Seide übersponnen. Von ihr aus führen senkrecht nach oben und unten zwei zickzackförmige, weiße Seidenbänder. Diese relativ auffällige Spinne ist in Norddeutschland selten. Das in Handeloh und Umgebung nachgewiesene Vorkommen stellt derzeit die nordwestlichsten Funde dar. Die Wespenspinne scheint sich infolge des letzten warmen Winters nach Nordwesten ausgebreitet zu haben. Häufig trafen wir auf Kreuzspinnen mit ihren großen, kreisförmigen Radnetzen.
Ein weitere Halt wurde in einem Sandheideareal eingelegt, wo neben der Besenheide auch die Schwarze Krähenbeere.vorkommt. Dieser Zwergstrauch hat nadelförmige, weiß gekielte Blätter; die männlichen Blüten sind rosa, die weiblichen purpur gefärbt. Die Pflanze wächst auf sauren und lockeren Böden. Die dortige AKN-Gruppe hat hier vorsichtige Entkusselungsmaßnahmen durchgeführt und damit den Kiefernaufwuchs vermindert. In dieser halboffenen Landschaft konnte sich die Heidelerche und der Raubwürger (Lanius excubitor), den wir an anderer Stelle zu Gesicht bekamen, ansiedeln. Dieser kleine Beutegreifer braucht weite Sicht, um von höher gelegenen "Aussichtsplätzen" die Umgebung aufmerksam beobachten zu können. Hat der Würger ein Beutetier erspäht - ein größeres Insekt, eine Maus oder einen kleinen Vogel - , dann stürzt er sich auf sein Opfer und greift es mit dem gebogenen Schnabel. Dann spießt er die Beute auf einen starken Dorn oder einen Stachdraht auf, um sie dann in Ruhe zu verspeisen. In diesem Bereich ist zu anderer Zeit das sehr selten vorkommende Schwarzkehlchen als Paar beobachtet worden.
In diesem Teil der Drögen Heide, wo mit Hilfe von Maschinen durch Abplaggen die Drahtschmiele zurückgedrängt und die Besenheide in ihrer Verbreitung gefördert werden soll, fanden wir den aasfressenden Kurzflügelkäfer. Eine andere Besonderheit war der goldgrün glänzende Rosenkäfer (Cetonia aurata) der 14 - 20 mm groß wird und in den Sommermonaten auf den Blüten von Rosen, Holunder und Doldenblütern und an ausfließendem Baumsaft zu finden ist. Seine Eigentümlichkeit ist es, daß er mit geschlossenen Deckflügeln fliegen kann. Ein Schlitz, durch den schmale Hinterflügel geschoben werden können, ermöglicht einen Blitzstart, den er auch einigen von uns demonstrierte. Für ornithologisch Interessierte zeigte sich ein am Himmel kreisender Fischadler, der in seiner luftigen Höhe wohl mehr die Holmer Fischteiche als uns im Auge hatte. Wie wichtig in einer ausgeräumten Landschaft (südlich von Handeloh) ein Biotop mit Sträuchern, kleinem Stillgewässer und offenen Kraut- und Grasflächen ist , erläuterte Herr Kempe an verschiedenen Beispielen.
Kurz nach 13 Uhr endete dieser Ausflug in die Natur mit zufriedenen Teilnehmern/-innen an seinem Ausgangspunkt, dem Sandgrubenareal am Friedhof. Da die Sonne so schön schien, warfen wir noch einen Blick hinein und hatten großes Glück. Zwei seltene, für diesen Lebensraum aber typische Bewohner zeigten sich wie auf Bestellung: Die scheue Zauneidechse und der Warzenbeißer, eine gefährdete große Heuschrecke. - Ein schöner Abschluß!
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Breitblättriges Knabenkraut und Wiesenknöterich
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